Werbung: Arzneimittel in der Schaufensterwerbung

Bei der Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte und andere medizinisch relevanter Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände hat der Apotheker das Heilmittelwerbegesetz (HWG) zu beachten. Dieses Gesetz schränkt die Werbung für Arzneimittel in verschiedener Weise ein. Gemäß § 11 Abs. 1 HWG darf außerhalb der Fachkreise nicht mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen und fachlichen Veröffentlichungen oder Hinweisen auf diese für Arzneimittel geworben werden. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel darf gemäß § 10 Abs. 1 HWG nur bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, Apothekern und Personen, die mit diesen Arzneimitteln erlaubterweise Handel treiben, geworben werden.

Auch die gegenüber Endverbrauchern zulässige Werbung für Arzneimittel ist eingeschränkt. Grundsätzlich unterscheidet das HWG zwischen der „herkömmlichen“ Werbung und der Erinnerungswerbung. Werbung für Arzneimittel muss gemäß § 4 Abs. 1 bis 5 HWG eine Reihe von Pflichtangaben enthalten. Im Rahmen der Erinnerungswerbung gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 HWG entfällt die Pflicht, diese Angaben zu machen. Einzelheiten siehe Übersicht "Angaben nach § 4 HWG".

Abgrenzung „Herkömmliche“ Werbung und Erinnerungswerbung

Eine Erinnerungswerbung zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Verbraucher lediglich auf das Produkt aufmerksam macht. Daher darf eine Erinnerungswerbung auch über einen bloßen Hinweis auf das beworbene Produkt nicht hinausgehen. Sie darf insbesondere keine Angaben zum Anwendungsbereich des Produkts enthalten. Solche Angaben dürfen auch nicht mittelbar aus der Werbung insgesamt hervorgehen. So liegt zum Beispiel schon keine Erinnerungswerbung mehr vor, wenn neben einem Grippearzneimittel im Apothekenschaufenster eine Person mit laufender Nase abgebildet wird oder der Slogan „Winterzeit Erkältungszeit“ verwandt wird. Auch wenn der Hinweis auf den Anwendungsbereich des beworbenen Produkts sich aus einer geschützten Wortmarke ergibt oder der Anwendungsbereich mit einem Begriff beschrieben wird, der bloß alltagssprachlich und keine präzise medizinische Definition ist, handelt es sich nicht um eine Erinnerungswerbung (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.07.2009, 2 U 4/09; OLG Köln, Urteil vom 27.07.2008, 6 U 63/08). Die Erinnerungswerbung darf also nur die Bezeichnung des Arzneimittels, den Namen, die Firma und die Marke des pharmazeutischen Unternehmers sowie den Hinweis „Wirkstoff:“ enthalten.

Schwierigkeiten bei Pflichtangaben in der Schaufensterwerbung

Egal ob es sich bei der betreffenden Schaufensterwerbung um eine bloße Erinnerungswerbung handelt oder nicht, müssen die Angaben, die gemacht werden bzw. gemacht werden müssen, von der übrigen Werbeaussage deutlich abgesetzt, abgegrenzt und gut lesbar sein. Dies schreibt § 4 Abs. 4 HWG vor, der gemäß § 4 Abs. 6 S. 1 HWG auch für die Erinnerungswerbung gilt (vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 13.12.2007, 1 U 94/07).
Das heißt:

  • Die Angaben dürfen nicht verdeckt sein: Es darf z.B. kein Dekorationsmaterial oder ein anderes Ausstellungsstück so zwischen dem Betrachter des Schaufensters und dem Angabentext platziert werden, dass dadurch der Angabentext verdeckt wird.
  • Die Angaben dürfen sich nicht in die sonstige Werbeaussage einfügen: Die Angaben müssen räumlich von sonstigen Texten abgegrenzt sein. Auch darf die Schriftfarbe in der sie geschrieben sind, der Farbe des Untergrunds, auf dem sie aufgedruckt sind, nicht so ähnlich sein, dass dies die Lesbarkeit stark beeinträchtigt (z.B. nicht weiße Schrift auf hellgelben Grund).
  • Die Angaben dürfen sich dem Blickfeld des durchschnittlichen Betrachters nicht entziehen: Der Angabentext muss in einer gut sichtbaren Höhe im Schaufenster angebracht sein und darf nicht soweit von der Fensterscheibe entfernt sein, dass die Schrift nicht mehr lesbar ist.
  • Der Angabentext muss dem betreffenden Arzneimittel explizit zuzuordnen sein: Es muss ein Bezug zwischen der Angabe und dem betreffenden Arzneimittel erkennbar sein. Das Landgericht Ravensburg befasste sich in seinem Urteil vom 28.02.2011 (1 O 131/10) mit diesem Bezug zwischen Angaben und Arzneimittel. Es entschied, dass die Angaben mit der Werbung räumlich und gestalterisch so eng zusammenhängen müssen, dass die Pflichtangaben kein „losgelöstes kommunikatives Eigenleben entwickeln“. Das Gericht sah den nötigen Bezug nicht gegeben, wenn der Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ unter einer farblich umrahmten Werbeeinheit gedruckt ist, die für alle abgebildeten Arzneimittel gelten sollte. Die Entscheidung betraf zwar einen Werbeprospekt, die grundsätzlichen Ausführungen über den Bezug zwischen Pflichtangaben und Arzneimittel sind aber auf die Schaufensterwerbung zu übertragen.

Erinnerungswerbung, weil Hinweis auf Anwendungsbereich nicht lesbar?

Unter dem Gesichtspunkt der Lesbarkeit wird auch die Gestaltung der Arzneimittelverpackungen interessant. Bei der Werbung mit Arzneimitteln muss beachtet werden, dass der Anwendungsbereich eines Arzneimittels teilweise auf der Verpackung angegeben ist, im Namen des Arzneimittels enthalten ist (z.B. „Voltaren Schmerzgel“) oder sich aus der Gestaltung der Packung ergibt (z.B. abgedruckter Mensch mit roter Nase auf der Packung eines Grippemittels). Wird eine Verpackung, die so auf den Anwendungsbereich des Arzneimittels hinweist, in einer Schaufensterwerbung ausgestellt, ist die betreffende Werbung keine Erinnerungswerbung im Sinne des § 4 Abs. 6 HWG mehr und löst Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1, 1a, 3 und 5 HWG aus.
Fraglich ist aber, ob die Pflichtangaben gemacht werden müssen, wenn sich der Anwendungsbereich des Arzneimittels zwar aus der Gestaltung der Verpackung ergibt, dies aber vom durchschnittlichen Betrachter nicht erkannt werden kann, weil die Verpackung z.B. so weit im Hintergrund des Schaufensters steht, dass zwar noch der Name des Arzneimittels wahrgenommen werden kann, die Angaben über den Anwendungsbereich aber nicht. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn der Name des Arzneimittels in weit größerer Schrift auf die Verpackung gedruckt ist, als ein Zusatz wie z.B. „gegen Erkältungen“. Der Hinweis auf den Anwendungsbereich ist dann nicht mehr wahrnehmbar. Für die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 und 1a HWG regelt § 4 Abs. 4 HWG, dass diese, wenn sie nicht deutlich wahrnehmbar sind, behandelt werden als wären sie nicht gemacht worden. Logisch konsequent gedacht, müsste dies auch für einen Hinweis auf den Anwendungsbereich eines Arzneimittels gelten. Ist er zwar vorhanden, aber nicht wahrnehmbar, müsste die betreffende Werbung also immer noch eine Erinnerungswerbung sein. Dann müssten die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1, 1a, 3 und 5 HWG nicht gemacht werden. Allerdings existiert hierzu noch keine richterliche Entscheidung. Es besteht also noch keine Sicherheit, dass auch der Hinweis auf den Anwendungsbereich eines Arzneimittels unter dem Vorbehalt der Wahrnehmbarkeit steht.

Werbematerialien der Arzneimittelhersteller

Viele Apotheken bekommen von den Arzneimittelherstellern Aufsteller und Großfaltpackungen zugesandt, um diese für die Werbung in der Apotheke und im Schaufenster zu verwenden. Der Apotheker ist auch bei Verwendung dieser Werbematerialien dafür verantwortlich, dass die Werbung den Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes entspricht. Allerdings preisen die Hersteller ihre Werbematerialien teilweise ausdrücklich damit an, dass sie den Vorgaben des HWG entsprechen. Tut ein Hersteller dies gegenüber einem Apotheker (z.B. in einem Newsletter oder in einem den Werbematerialien beiliegenden Schreiben) schafft der Hersteller dadurch ein beachtliches Vertrauen. Verwendet ein Apotheker dann diese Werbematerialen und erleidet Nachteile, weil das Werbematerial entgegen den Angaben des Herstellers nicht den Vorgaben des HWG entspricht und wird der abgemahnt, kann er den Hersteller ggf. wegen Schadensersatz in Anspruch nehmen. Denn der Hersteller hat mit seiner Zusicherung, das Material entspreche den Anforderungen des HWG einen Vertrauenstatbestand geschaffen und eine Garantenstellung übernommen, für die er im Schadensfall einzustehen hat. Allerdings bleibt es auch bei solchen Werbematerialien in der Verantwortung des Apothekers, diese so zu platzieren, dass die auf ihnen gemachten Angaben für den Betrachter wahrnehmbar sind. Er darf sie also nicht mit anderen Dingen verstellen oder so weit vom Fenster entfernt aufstellen, dass die Angaben nicht mehr lesbar sind.

Fazit: Bei der Schaufensterwerbung muss der Apotheker also zunächst feststellen, ob seine Werbung eine bloße Erinnerungswerbung ist oder nicht. Ist sie mehr als nur eine Erinnerungswerbung, muss der Apotheker die Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1 bis 5 HWG machen. Diese sind dann so zu gestalten und so zu platzieren, dass sie vom durchschnittlichen Betrachter des Schaufensters wahrgenommen werden.

Verwendet der Apotheker bei seiner Schaufensterwerbung Werbematerial, das ihm vom Hersteller zugesandt wurde und das nach den Angaben des Herstellers der Voraussetzung des HWG entspricht, darf er sich auf diese Zusicherung verlassen und kann, wenn dies nicht zutrifft,  ggf. Schadensersatz vom Hersteller verlangen. Der Apotheker bleibt aber verpflichtet, die Werbematerialien so zu platzieren, dass die auf ihnen gemachten Angaben vom durchschnittlichen Betrachter wahrgenommen werden können.

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