Werbung: Preiswerbung in der Apotheke - Was ist möglich? Vom „AVP“ und anderen Varianten

1. Urteil des Kammergerichts

Im Januar hat das Kammergericht Berlin eine Apotheke verurteilt, zukünftig die aktuellen Preise nicht mehr mit einem höheren, als „AVP“ bezeichneten Preis zu bewerben (KG, Urteil vom 17.01.2014, AZ 5 U 89/13). Im Internetauftritt der Apotheke war der eigene Preis angegeben, daneben befand sich der Hinweis auf einen „AVP“ und einen prozentualen Ersparnisbetrag. Die Abkürzung wurde erläutert als „AVP=Preisangabe entspricht Apothekenverkaufspreis (AVP) (Quelle: ABDA-Artikelstamm)“. In dem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren ging es um die Frage, ob es sich bei dem „AVP“ um einen relevanten Bezugspreis handelt. Das Kammergericht hat das verneint. Es vertrat die Auffassung, der Verbraucher erwarte etwas Ähnliches wie die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung (meist abgekürzt als „UVP“) im Einzelhandel, nämlich eine Preisvorgabe für Arzneimittel. Die aber ist der „AVP“ nicht: Es handelt sich um den Preis, der nach § 78 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) zum Zwecke der Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen vom pharmazeutischen Hersteller angegeben werden muss.

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt hat einem Apotheker die konkrete Werbung mit dem „AVP“ untersagt (Urteil vom 20.03.2014, AZ 6 U 237/12). Das Oberlandesgericht Stuttgart hielt die Preiswerbung einer Apotheke mit der Bezugnahme auf einen „bisherigen Preis nach ABDA“ für irreführend und unzulässig (Urteil vom 14.11.2013, AZ 2 U 182/12). Trotz der recht einheitlichen Rechtsprechung scheint es weiter ausgesprochen attraktiv zu sein, mit dem Abrechnungspreis der Krankenkassen zu werben und auf diese Art und Weise erhebliche Preisvorteile zu suggerieren.

Risiko:      Werbung mit dem „Apothekenverkaufspreis“

Viele pharmazeutische Unternehmen sprechen keine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung mehr aus. Die Werbung mit einem zuvor geforderten eigenen Preis ist mühselig oder gar praktisch kaum umsetzbar, wenn eine Werbeagentur die Werbung für eine Vielzahl von Apothekern gestaltet. Als (vermeintlicher) Ausweg bietet sich hier eine Werbung mit dem Apothekenverkaufspreis an.

Eine Werbung mit dem „AVP“ – gleichgültig, ob er erläutert wird oder nicht – kann leicht mit der „UVP“, also der klassischen Herstellerpreisempfehlung, verwechselt werden. Der Verbraucher wird in vielen Fällen seine Vorstellung, die von den Gepflogenheiten im Einzelhandel geprägt ist, auf den Apothekenbereich übertragen und glauben, es handele sich um eine für den Arzneimittelbereich ausgesprochene Preisempfehlung der Hersteller.

Bei dem Apothekenverkaufspreis handelt es sich aber anders als bei der unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung nicht um einen Verbraucherpreis. Während der UVP eine freiwillige Kalkulation des Herstellers hinsichtlich des Endverbraucherpreises zugrunde liegt, muss der pharmazeutische Unternehmer den Apothekenverkaufspreis in der Lauer-Taxe hinterlegen. Die Erläuterung des „AVP“ als „Unverbindliche Apothekenverkaufspreismeldung des Herstellers an die IFA GmbH.“ ist zum Beispiel bereits inhaltlich unzutreffend, denn der Preis nach
§ 78 Abs.3 AMG ist für die Abrechnung mit den Krankenkassen verbindlich. Für den Verbraucher ist er – anders als eine Herstellerpreisempfehlung – ohne Relevanz.

Die Gefahr der Irreführung kann üblicherweise durch die entsprechenden Erklärungen aus der Welt geräumt werden. Aber auch dies ist beim „AVP“ schwierig, denn wie will man dem Verbraucher, der von den Grundzügen des Arzneimittelpreisrechts keine Vorstellung hat, der meist noch nicht einmal den Unterschied zwischen RX- und OTC-Produkten kennt, den Apothekenverkaufspreis erläutern?

Hinzu kommt, dass der in Bezug genommene höhere Preis auch deshalb für den Verbraucher keine Orientierung darstellt, weil er gesetzliche Zuzahlungen des Patienten, Herstellerrabatte, Preismoratorien etc. außer Acht lässt. Der in der Werbung als „AVP“ bezeichnete Preis wird in den meisten Fällen in der angegebenen Höhe von den Krankenkassen nicht gezahlt werden. Umgekehrt bedeutet das: Der Verbraucher erspart sich nicht die Beträge, die ihm suggeriert werden.

2. Wie kann man zulässig mit einem durchgestrichenen Preis werben?

Preisgegenüberstellungen sind grundsätzlich zulässig. Umgekehrt gilt aber auch, dass niemand den eigenen Preis mit einem höheren Preis vergleichen muss (dieser Irrglaube besteht tatsächlich bei manchen Apothekern, wie die Verfasserin dieses Beitrages in vielen Gesprächen festgestellt hat). Wichtigste Grundregel ist: Eine Preisgegenüberstellung muss richtig sein. Das bedeutet z.B., dass es tatsächlich eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (UVP) gibt und der aktuelle UVP angegeben wird. Weitere Fallbeispiele werden im Folgenden dargestellt.

Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung

Einer der Klassiker der preisgegenüberstellenden Werbung ist die Bezugnahme auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers. Wenn der Hersteller eine solche Preisempfehlung ausgesprochen hat, ist es problemlos möglich, diese zu unterschreiten und damit auch zu werben. Dabei reicht die Bezeichnung „UVP“ aus, denn der Bundesgerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass der Verbraucher die Abkürzung zutreffend als „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers“ versteht.

Die Bezugnahme auf die Herstellerpreisempfehlung war bereits häufig Gegenstand von Wettbewerbsstreitigkeiten. Der Bundesgerichtshof hat immer wieder betont, dass der Verbraucher bei einem unverbindlich empfohlenen Preis davon ausgeht, dass es sich um einen vom Hersteller aufgrund ernsthafter Kalkulation ermittelten, angemessenen Verbraucherpreis handelt. Die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung soll die ernstliche Preisvorstellung des Herstellers wiedergeben.

Irreführend handelt, wer eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung angibt, obwohl es diese nicht (mehr) gibt. Auch unklare oder unbestimmte Bezugnahmen auf den empfohlenen Preis sind im Allgemeinen unzulässig. So sollte die unverbindliche Herstellerpreisempfehlung nicht als Listenpreis oder Richtpreis oder ähnlich bezeichnet werden.

Der in Bezug genommene Preis darf nicht mehrdeutig sein. So ist es unzulässig, die durchgestrichenen Preise mit einem Sternchen zu kennzeichnen, das jeweils am Ende der Seite aufgelöst wird mit „Durchgestrichene Preise sind entweder der Apothekenverkaufspreis oder die UVP des Herstellers“.

Ebenfalls unzulässig (und in der Praxis tatsächlich schon vorgekommen) ist der erläuternde Hinweis „Gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP=unser vorheriger Preis)“ In diesem Fall ist einiges durcheinandergeworfen worden!

Auch der eigene Preis kann werbewirksam sein

Sehr viel werbewirksamer ist deshalb die Preisgegenüberstellung mit einem eigenen, zuvor geforderten Preis. Zulässig wäre es also, seinen alten, höheren Preis durchzustreichen und daneben einen neuen, niedrigen Preis anzusetzen. Der alte Preis muss entsprechend gekennzeichnet werden, etwa mit „bisher bei uns“ oder „unser früherer Preis“. Auch der Hinweis „statt 5,99 € jetzt nur noch 4,99 €“ dürfte entgegen früherer Rechtsprechung dem Durchschnittsverbraucher verdeutlichen, dass es sich bei dem „statt-Preis“ um den früheren Preis des Werbenden handelt.

Selbstverständlich muss der frühere Preis zuvor ernsthaft und über eine angemessene Zeit gefordert worden sein. Die Rechtsprechung ist bei der Frage der Angemessenheit keine große Hilfe, da sie sich immer nur mit dem Einzelfall befasst, aber keine allgemeingültigen Kriterien aufstellt. Wer aber für ein  Produkt zwei Tage lang einen „Mondpreis“ ansetzt, um dann umso werbewirksamer mit einer Preisherabsetzung zu werben, verstößt gegen das Irreführungsverbot.

Preiswerbung kann man auch ohne Preisgegenüberstellung machen. Zum Beispiel „Angebot der Woche / des Monats“, „Im Aktionszeitraum von … bis … nur 2,49 €“, „Herbst-Aktion“ etc.. Diese Art der Werbung beinhaltet auch nur ein geringes Irreführungspotenzial, weil es eben keinen Vergleich gibt, der angegriffen werden könnte.

Rechtsanwältin Christiane Köber

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs

Geschäftsführung

www.wettbewerbszentrale.de

(Den Artikel finden Sie auch im Rundschreiben 3/2014, September 2014, S. 14)

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