Notdienst: Informationspflichten und -modalitäten bei Apothekeneröffnungen, -schließungen sowie der Notdienstbereitschaft

Der gesetzliche Auftrag der Apotheken besteht gemäß § 1 Apothekengesetz (ApoG) in der im öffentlichen Interesse gebotenen Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Einzuhalten ist außerdem der Grundsatz einer gewissenhaften Berufsausübung, der auch in § 2 der Berufsordnung der Apothekerkammer Berlin seinen Niederschlag findet.

Diese Maximen ziehen sich wie ein roter Faden durch das Umfeld des Apothekenbetriebes, erstrecken sich auch auf die Dienstbereitschaft und den damit verbundenen Informationspflichten der Apothekeninhaberinnen und -inhaber.

Der Inhaber einer Betriebserlaubnis ist selbst dann noch in der Pflicht, wenn eine Betriebserlaubnis bereits zurückgegeben wurde.

Das ApoG regelt unter § 1 Nr. 2, dass das Betreiben einer Apotheke die Erlaubnis der zuständigen Behörde erfordert. Die Apothekenbetriebserlaubnis kann nichtig sein, erlöschen, zurückgenommen oder widerrufen werden.

Zuständige Behörde für die Erteilung von Betriebserlaubnissen im Land Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo).

Das  LAGeSo ist zugleich zuständig für die Befreiung von der Dienstbereitschaft („Schließgenehmigung“) nach § 23 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO).

Der Apothekerkammer Berlin können aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung im Kammergesetz, Aufgaben von der Aufsichtsbehörde übertragen werden.

Der damalige Senator für Gesundheit, Soziales und Familie hat der Apothekerkammer Berlin im Jahre 1981 die organisatorische Notdienstregelung übertragen. Im Einzelnen handelt es sich um:

  • die fortlaufende Erstellung des Notdienstplanes für öffentliche Apotheken,
  • Änderung des Notdienstplanes hinsichtlich Gruppenzuordnung und Turnus im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde,
  • die Inkraftsetzung und die Bekanntgabe des Notdienstplanes für öffentliche Apotheken,
  • die Eingliederung neu gegründeter Apotheken in den Notdienstplan,
  • Bekanntgabe von Veränderungen im Bereich der Betriebserlaubnisse.

 

1.    Verfahren bei Eröffnungen und Schließungen

1.1  Eröffnungen

Nachdem ein Anwärter auf eine Betriebserlaubnis beim LAGeSo einen entsprechenden Antrag eingereicht hat, wird die Kammer von der Behörde über die beabsichtigte Neueröffnung einer Apotheke informiert.

Die Apothekerkammer Berlin teilt die zu eröffnende Apotheke in den „Notdienstplan der Berliner Apotheken“ (weißes Notdienstheft) ein.

Wenn die Apotheke behördlich abgenommen wurde, erhält die Kammer vom LAGeSo die endgültige Bestätigung über die Erteilung der Betriebserlaubnis. Erst nach Eingang dieser Mitteilung wird die Notdiensteinteilung von der Apothekerkammer Berlin vorgenommen und die Eröffnung via Notdienstnachtrag bekanntgegeben.

Höchste Priorität bei der Notdiensteinteilung hat die Aufrechterhaltung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen. Das Verfahren der Eingruppierung erfolgt mittels Zuhilfenahme von kartographischem Material, Google Maps und BVB-Verkehrsplan. Ausschlaggebende Faktoren sind: Die Entfernung zu den nächsten dienstbereiten Apotheken, die Apothekendichte im Umfeld sowie zumutbare Wegstrecken für die Patienten.

Nach der Einteilung wird die Inhaberin/der Inhaber über die Gruppenzuordnung sowie das LAGeSo schriftlich von der Kammer informiert. Die betreffenden Apotheken erhalten mit dieser Information zugleich die Notdienstunterlagen (Notdienstplan, Notdienstsystematik, bisher erschienene Notdienstnachträge). Die erforderlichen Maßnahmen, wie Notdienstaushänge/-beschilderungen, Dienstplanungen, etc. können somit vorgenommen werden.

Der Notdienstplan wird von der Apothekerkammer Berlin über Notdienstnachträge aktualisiert, also auch die Bekanntgabe von Neueröffnungen. Sie finden die Nachträge in der Pharmazeutischen Zeitung (PZ), Rubrik Amtliche Bekanntmachungen sowie online unter www.akberlin.de > Mitgliederservice > Apothekenbetrieb > Notdienst.

Mit der Bekanntgabe werden die Veränderungen wirksam und bindend. Ab Erscheinungsdatum sind im Fall von Neueröffnungen die betreffenden Apotheken verpflichtet, am Notdienst teilzunehmen.

Veränderungen in der Dienstbereitschaft (Neugründungen, Schließungen, Namens- und Adressänderungen, Änderungen von Telefon- und Faxnummern) sind unverzüglich in den Notdienstplan einzuarbeiten und entsprechend im Aushang für die Dienstbereitschaft zu berücksichtigen.

1.2   Schließungen, Schließungen bis auf Weiteres, Befreiungen von der Dienstbereitschaft

Entsprechende Anträge werden ebenfalls vom LAGeSo entschieden und der Kammer mitgeteilt. Informationstechnisch sind kurzfristige/unvorhersehbare Schließungen problematisch. Insbesondere trifft das immer dann zu, wenn die Dienstbereitschaft der antragstellenden Apotheke betroffen ist.

In diesen Fällen ist schnelles Handeln erforderlich, damit im Umfeld der nächstgelegenen Apotheken rechtzeitig die Notdienstaushänge entsprechend angepasst werden können. Daher informiert die Kammer durch einen Rundbrief die umliegenden Apotheken.

Die Apothekenleitung ist verpflichtet, Änderungen unverzüglich in den „Notdienstplan der Berliner Apotheken“ einzuarbeiten und bei ihrem Aushang über die Dienstbereitschaft zu berücksichtigen.

Wird die Dienstbereitschaft einer Apotheke, die geschlossen werden soll, tangiert, ist die jeweilige Apothekenleitung verpflichtet:

alle umliegenden Apotheken zu unterrichten, dass der Notdienst nicht durchgeführt wird,

die Bevölkerung von der Schließung durch Aushang in Kenntnis zu setzen,

während der Schließung die Namen und Anschriften der nächstgelegenen, dienstbereiten Apotheken und der jeweiligen Notdienstapotheken (Plural!) auszuhängen.

1.3  Notdienstaushang

Nach § 23 Abs. 5 ApBetrO ist an den nicht dienstbereiten Apotheken an deutlich sichtbarer Stelle ein gut lesbarer Hinweis auf die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken anzubringen. Anzugeben sind also mindestens zwei Apotheken.

Die nächstgelegenen dienstbereiten Apotheken sind die, die auf dem kürzesten Weg schnell zu erreichen sind, wobei es unerheblich ist, ob die betreffenden Apotheken im gleichen oder einem anderen Bezirk liegen.

Die Bezirksübersicht im Notdienstplan der Berliner Apotheken gibt eine räumliche Orientierung. Der Notdienstplan ist allerdings gesamtstädtisch angelegt und orientiert sich nicht an Bezirksgrenzen.

Keinesfalls darf aus Wettbewerbsgründen oder anderen Erwägungen auf eine weiter entfernt liegende Apotheke, anstatt auf die objektiv näher gelegene, verwiesen werden.

Der Hinweis muss Name und Anschrift der Apotheke umfassen.

Der Aushang ist zweckmäßigerweise an der Eingangstür oder in deren Nähe, beispielsweise an einem zur Eingangstür liegenden Schaufenster der Apotheke, anzubringen.

Er muss an deutlich sichtbarer Stelle unmittelbar an der Apotheke und nicht lediglich in ihrer Nähe angebracht sein. Die Hinweise müssen für jeden deutlich und gut lesbar sein, also in einer Schriftgröße angebracht werden, dass sie auch für ältere Patienten, deren Sehfähigkeit nachgelassen hat sowie bei Dunkelheit, noch gut erkannt werden können.

1.4  Berufsordnung

Nach § 9 der Berufsordnung der Apothekerkammer Berlin sind die Leiterinnen und Leiter von öffentlichen Apotheken verpflichtet, die ordnungsgemäße Teilnahme des Betriebes am Notdienst nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und den Anordnungen der Apothekerkammer Berlin sicherzustellen. Kann die notdienstbereite Apotheke die Versorgung mit dem erforderlichen Arzneimittel nicht unmittelbar vornehmen, soll sie, soweit zumutbar, Hilfestellung bei der Beschaffung des Arzneimittels bei einer anderen Notdienstapotheke leisten.

1.5  Nicht durchgeführter Notdienst

Nicht durchgeführter Notdienst verstößt gegen § 23 Abs. 1 ApBetrO. Ein derartiger Verstoß ist zugleich ein Verstoß gegen § 3 der Berufsordnung und kann berufsrechtlich geahndet werden.

Wurde ein Notdienst nicht oder nicht vollständig erbracht, sind die Voraussetzungen nach § 20 Abs. 1 ApoG für die Notdienstpauschale nicht gegeben, somit wird auch keine Meldung der Apothekerkammer an den Notdienstfonds für diesen Notdienst vorgenommen.

1.6  Überbringungspflichten bei Schließungen

Wird eine Apotheke geschlossen, obliegt der Apothekenleitung auch noch nach der Schließung eine Sorgfaltspflicht, das ergibt sich allein schon aus dem Grundtenor einer gewissenhaften Berufsausübung.

Neben der bereits angeführten erforderlichen Ausschilderung der Apotheke und einer entsprechenden Information der nächstgelegenen Apotheken, ist dafür zu sorgen, dass noch nicht belieferte ärztliche Verordnungen sowie ausstehende oder zur Besorgung aufgegebene Bestellungen, bedient werden.

Zu bedenken ist ferner, dass Stammkunden, für die eigens eine Kundenkartei mit Auflistungen von Rezeptgebühren oder sonstigen Arzneimittelausgaben geführt wurden, ein Anrecht auf rechtzeitige Aushändigung dieser Unterlagen haben.

Ist eine vorherige Aushändigung nicht realisierbar, ist im Nachhinein durch eine entsprechende Kontaktierung oder andere geeignete Maßnahmen eine Übergabe zu gewährleisten.

1.7  Notdienstgebühr

Zunächst gilt der Grundsatz, dass die Notdienstgebühr nur im Notdienst erhoben werden kann. Apotheken, die freiwillig im Rahmen der Ladenöffnungszeiten öffnen, versehen keinen Notdienst und haben deshalb auch keinen Anspruch auf den Notdienstzuschlag. Die Notdienstgebühr dürfen nur die Apotheken erheben, die nach „Notdienstplan der Berliner Apotheken“ zum Notdienst eingeteilt sind.

Die Notdienstgebühr, von derzeit 2,50 EUR gemäß § 6 Arzneimittelpreisverordnung, darf:

  • unbeschadet von der Anzahl der eingelösten Rezepte bzw. der gekauften Produkte nur einmal pro Notdienst-Besuch erhoben werden
  • werktags von 20.00 bis 6.00 Uhr erhoben werden
  • an Sonn-und Feiertagen den ganzen Tag (0.00 Uhr-24.00 Uhr) erhoben werden
  • am 24. Dezember, wenn dieser auf einen Werktag fällt, bis 6.00 und nach 14.00 Uhr erhoben werden
  • bei einer „noctu“-Kennzeichnung (Notfallvermerk) nicht erhoben (die Gebühr ist in diesen Fällen von der Krankenkasse zu entrichten) werden.

1.8  Notdienstfonds:

Apotheken, die von der Kammer zum Notdienst bestimmt wurden und den Notdienst vollständig erbracht haben, erhalten nach § 20 Abs. 1 Apothekengesetz einen pauschalen Zuschuss. Die Berechnung erfolgt durch den Notdienstfonds auf der Basis der von der Kammer gemeldeten Anzahl der geleisteten Dienste. Stellt sich z.B. aufgrund einer Patientenbeschwerde heraus, dass eine Apotheke einen Dienst nicht oder nicht vollständig erbracht hat, meldet die Kammer diesen Notdienst nicht an den Fonds. D.h., die Apotheke erhält keine Pauschale.

Dies gilt auch für den Fall, dass eine Apotheke während der für den Anspruch auf die Notdienst-Pauschale relevanten Zeit von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr nicht durchgehend besetzt ist. Damit ist der Dienst nicht vollständig erbracht und die Voraussetzung des § 20 Abs. 1 Apothekengesetz nicht erfüllt. Es erfolgt keine Meldung an den Notdienstfonds und die Apotheke erhält keine Pauschale.

Ein nicht ordnungsgemäß durchgeführter Notdienst hat daneben noch eine berufsrechtliche Komponente, denn es liegt ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 Apothekenbetriebsordnung i.V.m. § 3 Berufsordnung vor, der vom Vorstand in der Regel mit einer Rüge verbunden mit einer Zahlungsauflage sanktioniert wird.

AK Berlin 25.10.2018

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