Verordnungen von Zahnärzten und Tierärzten

Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nach § 1 Arzneimittelverschreibungs-verordnung (AMVV) nur nach Vorlage einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Nach Auffassung des gemeinsamen Beratungsausschusses der Heilberufe sind Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte nur berechtigt, Arzneimittel aus ihrem Aufgabenbereich zu verschreiben (Wilson/Blanke, Apotheken- und Arzneimittelrecht, Kommentierung zu § 17 Apothekenbetriebs-ordnung). Somit ist beispielsweise die Verschreibung eines Ovulationshemmers durch einen Zahnarzt unzulässig, das Rezept darf nicht beliefert werden. Das gilt strenggenommen auch für die Verordnung ad usum proprium.

Die Begrenzung der Verschreibungskompetenz auf den eigenen Aufgabenbereich erklärt sich, wenn man sich den Sinn und Zweck der Verschreibungspflicht vor Augen führt. Die Verschreibungspflicht ist ein objektives Merkmal eines Arzneimittels, das sich aus dem ihm innewohnenden Gefahrenpotential ergibt. Die Gefahr kann nur der Arzt beherrschen, der sich mit den Arzneimitteln und Therapien auskennt, die in seiner ärztlichen Praxis vorkommen (können). Bei dem Humanmediziner wird davon ausgegangen, dass er allumfassend Krankheiten behandelt und deshalb alle zugelassenen Arzneimittel für die Behandlung am Menschen einsetzen kann.

Anders ist es beim Zahnarzt und beim Tierarzt. Bei diesen kommt in der Praxis nur ein eingeschränktes Spektrum an Arzneimitteln zur Anwendung. Hierauf beschränken sich die Kenntnisse und Erfahrungen dieser Ärzte. Sie beherrschen nur in ihrem Bereich die potentiellen Gefahren eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Es ist deshalb sachgerecht, dass die Verschreibungsbefugnis auf das Spektrum der in der zahnärztlichen und tierärztlichen Praxis vorkommenden Arzneimittel beschränkt ist.

Die Approbation als Tierarzt berechtigt somit zur Verschreibung aller verschreibungspflichtiger Arzneimittel zur Behandlung von Tieren, darin sind auch Humanarzneimittel eingeschlossen, wenn sie zur Behandlung von Tieren eingesetzt werden (Umwidmung).

Die Approbation als Zahnarzt umfasst die berufsmäßige, auf zahnärztliche wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Eine Behandlung anderer Krankheiten und die Verschreibung von Humanarzneimitteln, die nicht auf dem Gebiet der Zahnheilkunde Anwendung finden können, sind davon nicht erfasst. Es ist jedoch im Einzelfall durchaus vorstellbar, dass z. B. Schmerzmittel, Beruhigungsmittel, Antiallergika oder Arzneimittel gegen Herpes im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung Einsatz finden können.

Insofern können die Grenzen zwischen zahnärztlicher und ärztlicher Verschreibungsbefugnis fließend sein.

Die Abgrenzung kann anhand folgender Frage vorgenommen werden:

Ist es unter keinem Gesichtspunkt denkbar, dass das verordnete Arzneimittel für einen Fall aus der zahnärztlichen bzw. tierärztlichen Praxis eingesetzt werden kann?

Dies ist ein weiter Ansatz. Anders und enger wäre die Abgrenzung, wenn man sich ihr mit der Frage nähern wollte:

Kann ich mir einen konkreten Fall vorstellen, für den der Zahnarzt bzw. Tierarzt das Arzneimittel einsetzen will?

Auf eine Anfrage der Apothekerkammer zur Verschreibungskompetenz von Zahnärzten und Tierärzten an die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hatte die Senatsverwaltung der Kammer mitgeteilt, in Zweifelsfällen müsse dem Apotheker zugebilligt werden, eine Verschreibung zu beliefern, wenn sie von einem Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt ausgestellt worden ist. Vor allem in dringenden Fällen dürfe die Versorgung von Patienten nicht durch Zuständigkeitsfragen gefährdet werden. Etwas anderes hätte nur zu gelten, wenn klar erkennbar sei, dass der Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt seine beruflichen Befugnisse überschritten hat (Schreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales vom 11.06.1999; Az.: IV Pharm1-5368).

Eigenbedarf – Kein Sonderfall

Für den Eigenbedarf einer verschreibenden Person gibt es lediglich eine Formerleichterung; gemäß § 4 Abs. 2 AMVV bedarf sie nicht der schriftlichen oder elektronischen Form. Der Apotheker hat sich über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen.

Die Verwendung für den Eigenbedarf ändert allerdings nichts daran, dass es sich um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel handelt, das heißt, es gilt auch hier das oben zur Verschreibungskompetenz ausgeführte. Folglich kann ein Zahnarzt oder Tierarzt für den Eigenbedarf keine anderen Arzneimittel verschreiben als für Dritte, denn die Verschreibungspflicht knüpft an das Gefährdungspotential des Arzneimittels an. Der Schutzzweck ist die Gesundheit, ohne Unterschied, ob es die eigene ist oder die eines Patienten. Allenfalls ist vielleicht die Risikobereitschaft des Zahnarztes oder Tierarztes beim Erwerb für den Eigenbedarf höher als bei der Verordnung für Dritte. Das ist allerdings kein Kriterium der Verschreibungspflicht.

AK Berlin Rundschreiben 2/2016

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