Verbraucherstreitbeilegungsgesetz - Fragen, Antworten und Mustertexte „Informationspflichten“

Kammermitglieder haben sich mit Auslegungs- und Umsetzungsfragen zu den Veröffentlichungen in Kammer Newsletter 3/2017 vom 26.01.2017 und 4/2017 vom 31.01.2017 an uns gewandt. Wir haben die Fragen und Antworten zusammengestellt und die Mustertexte jetzt so gestaltet, dass Sie nur noch den Namen der Apotheke einsetzen müssen.

1.

Bin ich als Inhaber einer Apotheke im Allgemeinen von den Informationspflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) betroffen?

Antwort: Ja, sofern Sie in Ihrer Apotheke neben Arzneimitteln und Medizinprodukten auch Waren des sog. Nebensortiments i.S.v. § 1a Abs. 10 Apothekenbetriebsordnung, wie z.B. Nahrungsergänzungsmittel oder Mittel zur Körperpflege, anbieten. Dies ist typischerweise bei allen Apotheken der Fall.

2.

Unter welchen Voraussetzungen werden die Informationspflichten nach § 36 VSBG ausgelöst?

Antwort: Die Informationspflichten nach § 36 VSBG wird ausgelöst, wenn

a. es sich bei Ihrer Apotheke um ein Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten (also ab 11 Beschäftigten) handelt, wobei der Stichtag für die Anzahl der Beschäftigten der 31.12. des Vorjahres ist und

b. Ihre Apotheke eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwendet.

3.

Kommt es bei der Berechnung der Beschäftigtenanzahl i.S.v. § 36 VSBG auf die „Köpfe“ an?

Antwort: Ja. In Ihrer Apotheke müssen lediglich mehr als 10 Personen beschäftigt sein. Auf eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung kommt es ebenso wenig an wie auf die Qualifikation der Beschäftigten oder die Art der Beschäftigung (z.B. Reinigungspersonal).

4.

Treffen mich die Informationspflichten nach § 36 VSBG bereits dann, wenn ich ausschließlich eine Webseite unterhalte oder ausschließlich AGB verwende?

Antwort: Ja. Die Informationspflichten bestehen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet. D. h., die Bedingungen „unterhalten einer Webseite“ und „verwenden von AGBs“ sind alternativ, nicht kumulativ. Die Informationspflichten werden ausgelöst, wenn eine der beiden Bedingungen erfüllt ist und die Anzahl der „Köpfe“ zum Stichtag 31.12. des Vorjahres mehr als 10 war.

5.

Treffen mich die Informationspflichten nach § 36 VSBG auch dann, wenn ich auf meiner Webseite keinen Online-Shop betreibe?

Antwort: Ja. Auf die Art und den Inhalt der Webseite kommt es nicht an. Entscheidend ist, dass Sie überhaupt eine Webseite unterhalten.

6.

Unter welchen Umständen löst die Verwendung von AGB die Informationspflichten nach § 36 VSBG aus?

Antwort: Verwendet die Apotheke AGB, löst dies immer die Informationspflichten nach § 36 VSBG aus, unabhängig davon, ob die AGB auf der Webseite, auf Geschäftspapier oder durch Aushang verwendet werden.

7.

Welchen Inhalt haben die Informationspflichten nach § 36 VSBG?

Antwort: Nach § 36 VSBG müssen Sie den Verbraucher darüber informieren, inwieweit Sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet sind. Zudem müssen Sie im Falle der Bereitschaft oder der Verpflichtung zur Teilnahme auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Adresse und Webseite hinweisen.

8.

Sind Apotheken zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet?

Antwort: Nein. Für Apotheken besteht weder eine gesetzliche, noch eine satzungsrechtliche Verpflichtung zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren. Die Teilnahme ist für Apotheken freiwillig.

9.

Wie erfüllt eine Apotheke ihre Informationspflichten nach § 36 VSBG?

Antwort: Nach § 36 VSBG muss die Apotheke den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich auf ihrer Webseite bzw. in ihren AGB über ihre Teilnahmebereitschaft an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle informieren. Erklärt sich die Apotheke dazu nicht bereit, genügt der Hinweis, dass sie zur Teilnahme weder bereit noch verpflichtet ist.

Erklärt sich die Apotheke hingegen zu einer entsprechenden Teilnahme bereit, muss sie darüber hinaus auf ihrer Webseite bzw. in ihren AGB auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Adresse und Webseite hinweisen.

Unterhält eine Apotheke eine Webseite und verwendet sie zusätzlich AGB, müssen die vorstehenden Hinweise in beiden Medien erfolgen.

10.

Inwiefern unterscheiden sich die Informationspflichten nach § 36 VSBG und § 37 VSBG zueinander?

Antwort: Der wesentliche Unterschied zwischen §§ 36 und 37 VSBG ist zeitlicher Natur. Nach § 36 VSBG muss die Apotheke den Verbraucher vor Entstehen einer konkreten Streitigkeit auf ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren informieren. Derweil wird die Informationspflicht nach § 37 VSBG erst ausgelöst, wenn nach Entstehen der Streitigkeit diese von den Beteiligten nicht beigelegt werden konnte.

11.

Trifft eine Apotheke die Informationspflichten nach § 37 VSBG auch dann, wenn ihre Beschäftigtenzahl 10 oder weniger beträgt oder sie weder eine Webseite unterhält, noch AGB verwendet?

Antwort: Ja. Die Informationspflichten nach § 37 VSBG entstehen immer, wenn eine Streitigkeit von den Beteiligten nicht beigelegt werden konnte. § 37 VSBG ist eine eigenständige Vorschrift, auf die Voraussetzungen von § 36 VSBG keine Anwendung finden.

12.

Welchen Inhalt haben die Informationspflichten nach § 37 VSBG?

Antwort: Die Apotheke hat den Verbraucher darüber zu informieren, ob sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist. Für Apotheken besteht weder eine gesetzliche, noch eine satzungsrechtliche Verpflichtung zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren. Die Teilnahme ist für Apotheken freiwillig.

Darüber hinaus muss die Apotheke den Verbraucher über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Adresse und Webseite informieren. Letztere Pflicht besteht auch dann, wenn die Apotheke zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren nicht bereit ist.

Derzeit einzige anerkannte allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. www.verbraucher-schlichter.de. Diese ist in der Information als zuständige Verbraucherschlichtungsstelle anzugeben.

13.

Wie erfülle ich meine Informationspflichten nach § 37 VSBG?

Antwort: Die Apotheke hat den Verbraucher über ihre fehlende oder vorhandene Bereitschaft an der Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren in Textform zu informieren. Das bedeutet, dass die Apotheke den Verbraucher per Brief, E-Mail oder Fax informieren muss. Eine mündliche Mitteilung genügt nicht. In der ist die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit deren Adresse und Webseite anzugeben.

14.

Wie sehen Mustertexte für die korrekte Umsetzung der Informationspflichten nach den §§ 36, 37 VSBG aus?

a.    Beispiele für die Umsetzung der Informationspflichten nach § 36 VSBG

Keine Teilnahme:

„Information gemäß § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Die X-Apotheke ist nicht bereit und nicht verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

Teilnahmebereitschaft:

„Informationen gemäß § 36 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Die X-Apotheke erklärt sich bereit, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein, www.verbraucher-schlichter.de.

 b.    Beispiele für die Umsetzung der Informationspflichten nach § 37 VSBG

Keine Teilnahme:

Informationen gemäß § 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Die für die X-Apotheke zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein, www.verbraucher-schlichter.de.

Die X-Apotheke ist nicht bereit und nicht verpflichtet, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

Teilnahmebereitschaft:

„Informationen gemäß § 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Die für die X-Apotheke zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V., Straßburger Straße 8, 77694 Kehl am Rhein, www.verbraucher-schlichter.de.

Die X-Apotheke erklärt sich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit.“

AK Berlin, 09.02.2017

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